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Vom Konzept zur Wirkung: Wie REGIOlink mit Großbatteriespeichern regionale Netze stabilisiert

Die Energiewende gilt als eines der größten Infrastrukturprojekte unserer Zeit – doch während der nationale Strommarkt oft im Mittelpunkt der Debatte steht, wird eine entscheidende Frage immer noch zu selten gestellt: Wie lassen sich Speicherlösungen so steuern, dass sie nicht nur am Strommarkt effizient, sondern auch regional wirksam eingesetzt werden? Ein Projekt im Allgäu liefert nun Antworten.


In Immenstadt hat das Unternehmen green flexibility seinen ersten Großbatteriespeicher mit 15 Megawatt Leistung und 33 Megawattstunden Kapazität fertiggestellt und im Juni 2025 planmäßig in Betrieb genommen. Mit dem neuen Konzept REGIOlink will das Unternehmen zeigen, wie Speicher so betrieben werden können, dass sie gezielt regionale Netze entlasten – und nicht ungewollt zu deren Belastung beitragen. Die Herausforderungen, die ein Speicher regional lösen kann, werden im Allgäu besonders deutlich. In den Wintermonaten treiben Schneekanonen den Stromverbrauch in die Höhe. Wenn Hunderte dieser Geräte gleichzeitig in Betrieb sind, steigt der Bedarf auf das Niveau eines ganzen Stadtviertels – Engpässe im regionalen Netz sind dann vorprogrammiert. Doch ein Batteriespeicher, der rein marktorientiert arbeitet, kann dieses Problem sogar verschärfen: Wenn er bei günstigen Preisen lädt – und genau das passiert häufig in den Nachtstunden bei Minusgraden – fällt die zusätzliche Last genau in die Zeit, in der auch die Schneekanonen laufen. So wird der Engpass noch größer.


REGIOlink: Ein Konzept für gezielte Netzunterstützung


REGIOlink wurde von green flexibility entwickelt, um genau solche Probleme zu lösen. Das digitale Werkzeug macht sichtbar, wie sich der Betrieb eines Speichers auf die lokale Netzsituation auswirkt. Über eine technische Schnittstelle analysiert REGIOlink regionale Netzbelastungen, identifiziert potenzielle Engpässe und visualisiert, wie der Speicher durch gezielte Fahrweise zur Entlastung beitragen kann. Damit wird eine Brücke geschlagen: zwischen der rein marktorientierten Flexibilität eines Speichers und den oft übersehenen Anforderungen des Verteilnetzes.

„Uns war wichtig, dass Speicherbetreiber und Netzbetreiber endlich eine gemeinsame Sprache sprechen“, erklärt Christina Hepp, Director Strategy bei green flexibility.

Alle relevanten Schnittstellen zwischen Speicherbetreiber und Netzbetreiber wurden in Immenstadt bereits erfolgreich getestet, auch wenn die ersten Wintererfahrungen noch ausstehen. Ziel ist es, durch frühzeitig abgestimmte, viertelstundenscharfe Leistungsbegrenzungen teure Netzeingriffe oder zusätzlichen Netzausbau zu vermeiden – ohne die Wirtschaftlichkeit des Speichers stark zu gefährden.


Individuelle Fahrweisen statt Standardlösungen


REGIOlink kombiniert verschiedene Datenquellen wie historische Einspeise- und Bezugsdaten, Wetterprognosen und Netzinformationen. Daraus werden in einem algorithmischen Modell Flexibilitätsberechnungen erstellt: Wann treten Engpässe auf? Wo wird der Speicher zur Belastung? Welche Einschränkungen sind notwendig? All diese Informationen fließen in ein digitales Modell des lokalen Netzes ein, das sogenannte “Virtual Grid Model”. Das Ergebnis ist ein praxisnaher, netzfreundlicher Fahrplan, der sich an den realen Bedingungen orientiert. Denn jeder Standort bringt spezielle Netzgegebenheiten und eigene Herausforderungen mit sich. Ob landwirtschaftliche Spitzenverbräuche, industrielle Prozesswärme oder Wärmepumpen-Cluster – REGIOlink berücksichtigt diese regionalen Besonderheiten in der Betriebsstrategie. So können Stunden identifiziert werden, in denen eine Einspeisung oder Bezug von Energie tatsächlich einen Mehrwert für die Stabilität vor Ort bringt.


Netzbetreiber erhalten deutlich mehr Planbarkeit, da sie schon im Voraus wissen, wann und in welchem Umfang der Speicher in kritischen Netzsituationen eingesetzt wird. Ergänzend werden zentrale Betriebs- und Steuerungsinformationen in einem übersichtlichen Dashboard bereitgestellt - für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Speicherbetrieb. Der Aufwand für die Netzbetreiber selbst bleibt dabei minimal: Analyse und Steuerung übernimmt vollständig green flexibility. Die dafür nötigen Netzdaten stimmen wir im Vorfeld gemeinsam ab. Die Grundlage der Zusammenarbeit bildet ein langfristiger partnerschaftlicher Vertrag, der alle wesentlichen Details regelt: von der Fahrweise über mögliche Abschaltzeiten bis hin zum fairen wirtschaftlichen Ausgleich für netzstützende Einschränkungen.


Christoph Ostermann, Co-Gründer und CEO von green flexibility, betont: „Unser Ziel ist es, dass Speicher von vornherein als Teil der Netzinfrastruktur gedacht werden – nicht als Fremdkörper, der nur auf Börsensignale reagiert. REGIOlink schafft dafür den nötigen Rahmen.“

Wenig Aufwand für Netzbetreiber


REGIOlink ist darauf ausgelegt, Netzbetreiber konkret zu entlasten. Die technische Analyse, Steuerung und Datenverarbeitung übernimmt vollständig green flexibility. Basis dafür ist eine abgestimmte Datengrundlage - häufig reichen bereits bestehende Informationen zu Netzlast, Einspeisung oder Redispatch-Maßnahmen. Für die Integration von REGIOlink richtet green flexibility eine Schnittstelle ein und unterstützt bei der Anbindung.

„Wir wollen Netzbetreibern die Angst nehmen“, sagt Leandra Boes, Director Commercial Asset Management. „REGIOlink zeigt: Es geht einfach, transparent und mit überschaubarem Aufwand – dafür mit großem Effekt.“

Erster Schritt für faire Marktbedingungen


REGIOlink bleibt dabei nicht nur ein technisches Konzept – es versteht sich auch als Impuls für die Debatte um faire Vergütungsmodelle. Denn netzunterstützende Fahrweisen können für Betreiber wirtschaftliche Nachteile bedeuten. Damit diese nicht zum Hemmschuh werden, braucht es laut green flexibility klare Rahmenbedingungen und faire Marktmechanismen. Noch fehlen dafür eindeutige regulatorische Vorgaben. Dass es aber schon heute praxistaugliche Lösungen geben kann, zeigt das Beispiel Immenstadt. Ein Projekt, das nicht nur neue Maßstäbe für Speicher setzt, sondern auch für die Frage, wie regionale Netzunterstützung in der Praxis funktioniert.


Ein Modell mit Signalwirkung


Mit REGIOlink beweist green flexibility, dass Batteriespeicher mehr sein können als reine „Stromhandelsmaschinen“. Intelligente, standortspezifische Betriebsmodelle verbinden Wirtschaftlichkeit mit Netzstabilität – und liefern so einen echten Beitrag zur Energiewende vor Ort. Damit aus einem Pilot wie in Immenstadt ein Standard wird, braucht es jetzt klare politische Rahmenbedingungen: eine verlässliche Definition von netzunterstützendem Betrieb, transparente Vergütungsmodelle und die Bereitschaft der Branche, regionale Besonderheiten ernst zu nehmen. Das Beispiel zeigt: Die Energiewende entscheidet sich nicht allein an der Börse – sondern an Projekten wie diesen, die zeigen, dass regionale Flexibilität ein Schlüssel sein kann.

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